Der Unsinn der Schlankheitsdiäten
Teil 5: Nichts Neues unter der Sonne
1994 feierte die berüchtigte Hay’sche Diät im Zuge einer Flut von Büchern zur Nahrungsmittelkombination ein Comeback. In einem großen Buchladen sah ich damals fünf verschiedene Bücher mit verschiedenen Kombinationsempfehlungen. In einem Buch galten Frühstückscerealien als „Kohlenhydrate“ und Milch als „Protein“. Also sollte man vermutlich die Cornflakes zum Frühstück trocken herunterwürgen und die Milch zum Mittagessen trinken. Zwei Bücher erlaubten den gleichzeitigen Verzehr von Brot und Fleisch, zwei weitere verboten diese Kombination. Der Franzose Michel Montignac erfand seine eigene Kombination, die sich von Hay erheblich unterschied. Wenn beide funktionieren kann das wohl nicht an der Art der Nahrungsmittelkombination. Übrigens bezeichnet Montignac Reis als komplettes Nahrungsmittel, dass alle für ein gesundes Leben erforderlichen Nährstoffe enthält. Das ist definitiv falsch: Reis enthält nicht die Vitamine A, B12, C oder D und sehr wenig Eisen und Kalzium. Auch fehlen einige essentielle Aminosäuren. Selbst wenn das nicht so wäre, müsste man lediglich zur Deckung des Proteinbedarfs täglich über 2 kg Reis verzehren.
Kalorien spielen keine Rolle
Alle modernen Schlankheitsdiäten haben einen großen Fehler, denn es wird versucht, den Kalorienverbrauch eines Menschen zu berechnen und die Kalorienaufnahme geringer zu halten. Dazu wird einfach die Gesamtmenge der aufgenommen Kalorien berechnet, wobei die Herkunft der Kalorien keine Rolle spielt. Aber wie schon in Kapitel 2 gezeigt, ist es völliger Unsinn anzunehmen, dass alles was verzehrt wird, auch zur Energieerzeugung genutzt wird.
Fakten zum Thema Cellulite
Nach der Pubertät tritt bei Frauen an den Oberschenkeln oft “Orangenhaut” auf. Dazu muss man nicht übergewichtig sein; auch schlanke Frauen sind davon betroffen, denn das ist ein ganz normaler Vorgang. Das Phänomen tritt nur bei Frauen auf und ist Teil der Geschlechtsreifung, denn hier lagert der Körper die Vorräte für Schwangerschaft und besonders für die Stillzeit ein. Orangenhaut sieht jedoch nicht besonders gut aus und ist bei Frauen nicht gerade beliebt. Eine französische Kosmetikfirma erfand den Namen Cellulite im Rahmen einer Werbe- und Marktingkampagne. Ein Mythos war geboren.
Man erzählt den Frauen über Cellulite alles möglichen Blödsinn. Am häufigsten hört man die Geschichte über die Speicherung von Ablagerungen und Schlacken. Rosemary Conley, Autorin des Buches The Complete Hip and Thigh Diet, spricht auf Seite 205 über Verstopfung und behauptet: “wenn die Schlacken nicht auf normalem Wege ausgeschieden werden, bieten die Fettansammlungen, die Cellulite verursachen, den idealen Speicherort.” Die Behauptung, dass bei einer Frau, die nicht auf’s Klo kann die Faeces in den Oberschenkeln abgelagert werden, kann ja wohl nur als Gipfel der Albernheit bezeichnet werden. Es ist absoluter Blödsinn - und immer wieder fallen Frauen darauf herein. Auch Männer leiden an Verstopfung, kriegen aber keine Cellulite. Was glaubt Frau Conley wohl, wo der Körper bei Männern den Abfall unterbringt?
Viele Diäten zielen darauf, die Cellullite loszuwerden. Allerdings wollen die meisten Frauen ja beim Abnehmen nicht an Brustumfang verlieren. Und so kamen Diäten auf den Markt, die laut Aussage ihrer Erfinder so selektiv wirken, dass man nur an bestimmten Stellen des Körpers abnimmt (nämlich an Bauch, Hüften und Schenkeln), jedoch nicht am Oberkörper. Meiner Erfahrung nach nimmt man bei ALLEN Diäten, einschließlich der in meinem Buch Natural Health & Weight Loss empfohlenen Diät von oben nach unten ab. An Brust und Bauch verschwindet das überflüssige Fett deshalb als erstes, erst danach kommt das Fett in den Oberschenkeln dran. Andersherum funktioniert es nicht und das ist auch gut so, denn das ist die gesündeste Art, Gewicht zu verlieren. Der Mythos von der Cellulite hat jedoch eine Menge Diäten, Massagecremes und Körperübungen hervorgebracht, die ihre Erfinder reich gemacht, jedoch an den „Problemzonen“ wenig geändert haben..
Flüssigproteindiäten
Bei den meisten Diäten sind 1000 Kalorien pro Tag erlaubt. 1975 begann jedoch mit dem Aufkommen der extrem niederkalorischen Flüssigproteindiäten eine durchaus bedenkliche Entwicklung, denn nun war die Kalorienzahl auf 300 bis 600 Kalorien beschränkt. Die erste dieser Diäten war die von dem Osteopathen Robert Linn entwickelte “The Last Chance Diet”. Seine Formula wurde aus Schweinebäuchen und Kuhhaut hergestellt. Das Produkt „Prolinn“ bestand aus gelatineartigem Protein mit niedrigem Nährwert und einem solchen Aminosäuremangel, dass man davon nicht leben konnte. Und so traten bei den Anwendern auch einige Todesfälle auf. Das Produkt gab zwar an, nur Körperfett abzubauen, die Obduktion der Anwender zeigte jedoch dass in vielen Fällen sehr viel Eiweiß aus dem Herzmuskel abgebaut worden war.
Die “Last Chance Diet” war in Verruf geraten. Dennoch kam sie 1990 in Gestalt der Cambridge Diet wieder zum Vorschein und wurde diesmal als “neuer wissenschaftlicher Durchbruch” gefeiert. Diese Flüssigproteindiät verwendete Magermilch als Grundstoff. Der Nährwert liegt damit etwas wenn auch nicht viel höher, als bei Prolinn. Wieder traten Todesfälle auf, dazu kamen Nebenwirkungen wie Verstopfung, Durchfall, Schwindelgefühle, Kopfschmerzen, Haarausfall und Blutdruckabfall beim Aufstehen aus dem Liegen oder Sitzen. Trotz scharfer Verurteilung in der medizinischen Fachpresse schaffte es die Cambridge-Diät 1985 über den Atlantik und kam nach Großbritannien.
1983 kam die Amazing Micro Diet, eine weitere extrem kalorienarme Flüssigdiät, deren Hersteller Uni-Vite-Nutrition hieß. Laut Angaben des Herstellers gab es in Großbritannien 1985 bereits 500,000 Anwender dieser Diät. Dieses Gebräu enthielt nur 300 kcal pro Tag und der versprochene Gewichtsverlust sollte bei 16 bis 20 Pfund pro Woche liegen. Im Begleitbuch zu dieser Diät belegen die Autoren den Nährwert dieser Diät, in dem sie sie 330 Kcal aus Süßigkeiten vergleichen!
Formuladiäten sind dennoch bei Anwendern, die damit klarkommen, recht beliebt. Die Anwender verlieren kurzfristig schnell an Gewicht, einige Anwender erzielen laut Dr. Susan Jebb sogar langfristige Gewichtsverluste. Allerdings bestehen bei langfristiger Anwendung dieser Diäten immer noch Bedenken wegen des Muskelabbaus und des Verlustes anderer nichtfetthaltiger Gewebe.
Diese Formuladiäten sind allerdings die reinsten Goldesel. Viele zur Herstellung verwendeten Inhaltsstoffe, wie z.B. Magermilch und Kleie sind im Prinzip Abfallprodukte der Lebensmittelindustrie. Die Herstellungskosten sind sehr gering und die Produkte werden von „Diätberatern“ zu äußerst hohen Preisen verkauft. Sie sind gefährlich und teuer, aber sie verkaufen sich. Mit andern Worten: sie sind absolut überflüssig.
Teil 1: Einleitung | Teil 2: Moderne Schlankheitsdiäten | Teil 3: Tatsachen & Irrtümer über Fett | Teil 4: Diäten im 20. Jahrhundert | Teil 5: Das Muster wiederholt sich | Teil 6: Das Ende aller Diäten? | Teil 7: Schlussfolgerung?
Übersetzung aus dem Englischen: Ruth Kritzer, Germersheim
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